Sonntag, 28. Juli 2019

Elbauen-Spaziergang mit Paul Dörfler

Gemeinsam mit Paul Dörfler ging es durch die Elbauen, deren Farbe in diesem Jahr eher von gelb und braun denn von grün bestimmt war.


Vor Beginn seines Spazierganges durch die Elbauen erinnerte Paul Dörfler an die laufende Nummer des Elbe-Saale-Camps, die 27. "Früher, in meiner Schulzeit, rief der Lehrer 'Ich erkläre es nun schon zum siebenundzwanzigsten Mal...', wenn die Klasse irgendwas nicht begreifen wollte". Ernst-Paul Dörfler, der von Anfang mit dabei ist, kann oder muss also diesmal im wahrsten Sinn des Worte zum 27. Mal erklären, was die Probleme der Elbe sind, warum ihr Zustand immer noch nicht gut ist, welche Probleme wir der Natur bereiten. Nur mit dem Unterschied, dass es seine Klasse, die Teilnehmer und Besucher des Elbe-Saale-Camps schon verstanden haben und sich sein Appell eher an die Politiker in Land und Bund richtet, die in der Elbe immer noch die Wasserstraße sehen, die man nach Lust und Laune ausbauen und gestalten kann. "Es sind mit den Jahren aber auch Probleme hinzugekommen", sagt er, "so sind zum Beispiel das Artensterben und die Überhitzung Probleme unserer Zeit".

Angesichts der Hitze war der Spaziergang zwar von der Strecke her nur kurz – führte aber dennoch über viele für die Auenlandschaft bedeutsame Stationen. So zum Beispiel zu Senken im Gelände, die normalerweise Feuchtgebiete sind, nun aber gelbbraun vertrocknete Wiesen sind. "Die Auenlandschaft ist eigentlich ein Wassergebiet", sagte Dörfler beim Blick über die Elbwiesen, "diese Senken hier sind eigentlich immer voll Wasser". "Ich kenn die sonst auch nur mit Wasser", bestätigt eine Besucherin aus Barby.

Die zweite Station ist die Streuobstwiese neben dem Camp-Gelände. Die Camp-Teilnehmer haben sich hier schon oft ihr Obst geholt. "Streuobstwiesen sind eine hervorragende und effektive Nutzung des Geländes", erklärt Dörfler, "unten wird Heu als Tierfutter gewonnen und oben wächst das Obst". Dass die Trockenheit der letzten Jahre den Bäumen zu schaffen macht, merken auch die Nicht-Fachleute. Einige Bäume stehen vertrocknet da, andere haben schon einige vertrocknete Äste.

Bevor es von der Ebene der Elbwiesen hinunter zur Elbe geht, erinnert Dörfler an die jahrtausendealte Bedeutung der Flüsse für den Menschen. "Die Besiedlung des Gebietes begann vor etwa 8000 Jahren entlang der Flüsse. Die Flüsse boten Nahrung und waren zugleich Transportwege. Man konnte an den Flüssen gut leben".

Der Mensch ist es aber auch, der die Flüsse verändert. Diese Tatsache erklärt Dörfler anschaulich an den Buhnen, nachdem ihm die Gruppe hinunter an den Grund der Elbe folgt. "Dort oben" sagt er auf die Oberkante der Buhne zeigend "war beim Bau der Buhnen Mittelwasser, die Buhnen waren zur Hälfte des Jahres vollständig überflutet. Inzwischen fließt die Elbe viel tiefer, wir befinden uns hier schon auf dem früheren Grund des Flusses. Die Buhnen und andere Ausbaumaßnahmen verengen den Fluss, die Wassermenge strömt deshalb schneller bergab – und nimmt Material vom Grund mit. Die Elbe schneidet sich immer tiefer in den Kies ein." Dörfler sieht diese Entwicklung schon lange mit Sorge und muss auch feststellen, dass der Prozess noch stärkere Folgen hat. "Ich habe mich geirrt, als ich noch vor 5 Jahren sagte, 'um die Personenschifffahrt brauchen wir uns  keine Sorgen machen' (Anm.: die Güterschifffahrt ist auf der Elbe dagegen schon nahezu vollständig zum Erliegen gekommen). Inzwischen denkt aber auch schon die Magdeburger Weiße Flotte darüber nach, ihre Fahrgastschiffe zu verkaufen, weil sie auf der Elbe nicht mehr fahren können".

Noch hat er Hoffnung, denn er kann feststellen, "unsere Position war bisher immer eine Minderheitenposition. Inzwischen wird sie auch von den Landesrechnungshöfen der Elbe-Anrainer-Länder geteilt, die sinnlose Ausgaben zum Ausbau der Elbe rügen".

Vom Ufer der Elbe schweift der Blick der Elbe-Spaziergänger auf die andere Uferseite, zu den dortigen Auenwäldern. Wie geht es dem Wald in der grünen Aue? "Auenwald lebt vom Wechsel zwischen Hoch- und Niedrigwasser. Wir hatten aber seit sechs Jahren kein Hochwasser mehr. So liegt der Auenwald inzwischen im Sterben. Scheinbar sieht alles noch recht gut aus, aber von den Hauptbäumen der Aue, von Ulme, Esche und Eiche, sind die Ulmen schon fast verschwunden, das Eschensterben hat eingesetzt und einige Eichen zeigen auch schon Schäden", so Dörflers trauriges Fazit. 

"Aber, Paul, sag doch mal was positives. Zum Beispiel zur Wasserqualität, die ist doch viel besser geworden?", fragte ich Paul Dörfler. Und in der Tat hat die Elbe von den chemischen Inhaltsstoffen her inzwischen schon Trinkwasserqualität, abgesehen von Trübung und Keimzahlen – die aber immerhin noch in den Grenzwerten der Badegewässerrichtlinie liegen. "Ja, aber die Trübung, die kommt ja von den Algen. Und die wiederum wachsen in Folge des Düngereintrages aus den landwirtschaftlich genutzten Ufern." Und so ist er schon wieder bei einem der Themen, die ihn immer wieder ärgern. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die ein Verschlechterungsverbot enthält, wird von Deutschland immer noch nicht eingehalten. Nicht vom Elbausbau her und auch nicht hinsichtlich des Düngereintrages. "Und es wird öffentlich viel zu wenig davon gesprochen, kaum darüber berichtet". Und so bleibt bei den langjährigen Begleitern des Elbe-Saale-Camps das Fazit: Mag auch der Saalekanal faktisch vom Tisch sein, so bleibt der Einsatz für den Schutz der Elbe so wichtig wie zuvor.

Auf dem Weg in die Auenlandschaft
Gelbbraune Feuchtgebiete. "Früher war hier Wasser",
erinnert sich eine Besucherin aus Barby.
An der Streuobstwiese. Viele Bäume haben
mindestens einige kahle Äste.
Vor dem Abstieg in das Flussbett
Auch das flache Wasser macht Spaß.

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