Bei minus fünf Graf pfiff ein eisiger Wind über das Ufer der Elbe, gefühlt waren es wohl eher minus zehn Grad. Dieses unwirtliche Wetter war kein Hindernis, dem Elbe-Saale-Aktionsbündnis unmittelbar am Elbufer einen Preis zu übergeben.
Simone Peter, Bundesvorsitzende der Grünen, kam extra zu diesem Termin aus Berlin an die Elbe. Gemeinsam mit der Dessauer Grünen-Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke überreichte sie auf der Terrasse des Dessauer Kornhauses den Förderpreis der Andreas-Mohn-Stiftung an die Elbe-Saale-Aktivisten um Jutta Röseler.
Der diesjährige Förderpreis wurde von der Andreas-Mohn-Stiftung zu gleichen Teilen an die Partei Bündnis 90 / Die Grünen sowie an die Umweltorganisation Greenpeace für deren umweltpolitisches Wirken vergeben. Stifter Andreas Mohn betonte, Umweltpolitik sei für ihn immer auch
Friedenspolitik. Anja Heyde, Moderatorin beim
ZDF-Morgenmagazin beschrieb die Fortschritte beim Umweltschutz
anhand des Rheins. In dem Fluss, einst eine stinkende Kloake, schwämmen
wieder Fische; man könne sogar daraus trinken. Der Rhein stehe exemplarisch für das, was Greenpeace
und Grüne in diesem Land geschaffen hätten: Eine Sensibilität, dass man
nur diese eine Umwelt habe. Ohne die Arbeit der Preisträger stünde
Deutschland nicht exemplarisch in Europa für den Umweltschutz.
Die Grünen wiederum wollten im Sinne des Stifters mit dem Preisgeld zwei Umweltinitiativen unterstützen. Die Wahl fiel auf den an der Nordsee tätigen Mellumrat und auf das Elbe-Saale-Aktionsbündnis. Das was für den Rhein gilt, ist inzwischen auch an Elbe und Saale wahr geworden. In den einst stinkenden Flüssen kann man wieder bedenkenlos Baden, die Natur erholt sich allmählich von hundert Jahren industrieller Nutzung. Die im Elbe-Saale-Aktionsbündnis zusammengeschlossenen Flußschützer kämpfen seit 25 Jahren dafür, den guten ökologischen Zustand von Elbe und Saale nicht wieder den einseitigen Interessen der Schiffahrt zu opfern.
Simone Peter äußerte sich bei der Weitergabe des Preises an das Aktionsbündnis erfreut darüber, daß sich Menschen an Elbe und Saale für ihre Flüsse einsetzen. Peter, die selbst Gewässerökologin ist, sagte, "das erinnert mich an meine Heimat, wo wir an Mosel und Saar ähnliche Probleme zwischen den Interessen von Natur, Industrie und Schiffahrt zu lösen haben". Wer diese Flüsse kennt, der weiß, dass sie für die Güterschifffahrt durchgehend ausgebaut und gestaut wurden. Trotz der nun möglichen ganzjährigen Schiffbarkeit ist der erhoffte Boom der Transporte über das Wasser ausgeblieben. Der Lebensraum eines fließenden Fluss ist zerstört.
Elbe und Saale sind immer noch davon bedroht, sich den Interessen einer immer bedeutungsloser werdenden Schiffahrt unterordnen zu müssen. Die Folgen eines fortgesetzten Ausbaus (auch wenn dieser von den Wasserstraßenämtern und Schiffahrtslobbyisten verharmlosend als Erhaltungsmaßnahme umschrieben wird) sind in den Auenlandschaften unübersehbar. "Inzwischen merken das auch die Menschen hier aus eigenem Erleben", sagt Jutta Röseler und beschreibt ein Erlebnis im Wörlitzer Park: "Dort sind die Gondelfahrten bei den Touristen sehr beliebt. Als ich dort war, bezweifelte der Bootsführer, eine Woche später überhaupt noch fahren zu können – durch die Eintiefung der Elbe ist der Wasserstand auch im Park gesunken". Steffi Lemke verwies auf den gleich neben dem Kornhaus gelegenen Kanuverein Dessau, in dem sie selbst Mitglied ist. "Das sind ganz normale Leute, die nicht unbedingt zu den Grünen gehören. Aber auch dort merke ich, daß unsere Diskussionen angekommen sind, höre ich Zustimmung zu unseren Positionen".
Im Anschluss an die Preisübergabe wurde, wieder zurück im Warmen, noch eine Zeit lang über Themen rund um die Flüsse diskutiert. Eine große Rolle spielte dabei auch der gerade abgeschlossene Prozeß der Erarbeitung eines "Gesamtkonzeptes Elbe". Dessen Ergebnis wollen die Schiffahrtsverbände gegenwärtig als Erfolg für sich verkaufen. "Wie man an der Elbe, die schon jahrelang im Winter Niedrigwasser führt, die 1,40 Meter Wasserstand (vorher 1,60 Meter) erreichen kann, konnte auch dort keiner erklären", sagte Paul Dörfler und erklärte, gemeinsam mit dem Aktionsbündnis die ökologische Nutzung der Elbe weiter zu unterstützen. "Das Elbe-Konzept", so seine Kritik, "ist allenfalls ein Zwischenschritt, wie auch Bund und Länder bestätigt haben. Nun müssen die Planungen und Unterhaltungsmaßnahmen auf das Konzept abgestimmt werden, bevor an der Elbe weitergebaut werden kann. Mittels Unterhaltung einen alten Zustand wiederherstellen zu wollen, hat maßgeblich zur Tiefenerosion und damit zur Verschlechterung des ökologischen Zustandes von Fluss und Aue beigetragen. Damit wird das inzwischen erkannte Hauptproblem Tiefenerosion verschlimmert".
Allen Anwesenden war klar, daß der Kampf für die Erhaltung der Natur an Elbe und Saale noch längst nicht gewonnen ist. Das 25. Elbe-Saale-Camp wird die bisher geleiste Arbeit fortsetzen. Die Naturschützer freuen sich über das Preisgeld als willkommene Unterstützung, die in die Gestaltung des bevorstehenden Camps einfließen wird.
Das diesjährige Elbe-Saale-Camp findet vom 22. zum 30. Juli 2017 auf den Elbwiesen nahe der Elbefähre Barby statt.