Mittwoch, 1. August 2018

Radtour nach Steckby

Heute ging es mit dem Rad über die Elbe, nach Steckby zur Vogelschutzwarte Sachsen-Anhalt. Über die Barbyer Eisenbahnbrücke, vorbei an der Burg Walternienburg und durch schattige und – trotz der großen Hitze – noch erträglich kühle Auenwälder.

Rast in Walternienburg vor "Heinrichs Pension",
auf einer übergroßen "Baumelbank".

In Steckby gab es von Stefan Fischer sehr interessante Erklärungen zu den Aufgaben seiner Vogelschutzwarte, in der er Dezernatsleiter ist. Unter anderem auch zum Unterschied zwischen Artenschutz und Tierschutz: "Wir bekommen ab und zu Anrufe, jemand habe einen verletzten Vogel gefunden und würde ihn gern zu uns bringen", sagte er, "aber das ist nicht unsere Aufgabe, das können wir gar nicht leisten. Das ist Tierschutz – wir aber sind für den Artenschutz zuständig". Und dieser Artenschutz betrifft dann eben nicht die Erhaltung eines einzelnen Tieres, sondern die Erhaltung der Lebensgrundlagen einer ganzen Tierart.

Die Gründung der Vogelschutzwarte Steckby – idyllisch gelegen in Steckbys altem Pfarrhaus – geht auf das Jahr 1920 zurück. Damals ließ sich der Landwirt Max Behr in Steckby nieder, um sich in der Elbaue dem Biber- und Vogelschutz zu widmen. Nach Max Behr ist dann auch das Veranstaltungsgebäude der Vogelschutzwarte benannt, in dem die Teilnehmer der Fahrradexkursion dem Vortrag lauschten. Max Behr ging es zunächst um den Schutz der letzten Elbebiber, die kurz vor der Ausrottung standen. Später kam der Vogelschutz hinzu und im Februar 1932 folgte die Ernennung zur „Staatlich anerkannten Muster- und Versuchsstation für Vogelschutz“ durch das Anhaltinische Staatsministerium. Die Aufgaben der Station lagen zunächst darin, schädliche Insekten durch ihre natürlichen Feinde zu bekämpfen und diese Forschungen wissenschaftlich zu begleiten.

Über Nazizeit und Krieg hinweg blieben die Vogelschutzwarte erhalten, wurde in der DDR weiter betrieben und ist heute eine Behörde im Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. In den 1970er Jahren war dort der Biberschutzexperte Dr. Heidecke tätig, der Biber fing und wieder auswilderte, es gab damals auch Exporte von Biberpaaren in die Bundesrepublik und in die Schweiz.

Ein großer Schwerpunkt, bereits seit Ende der 1930er Jahre, ist der Schutz der Großtrappen. 1939/40 erfolgte die erste Erfassung der Tiere, damals betrug der Bestand etwa 4000 Tiere. Mit der Intensivlandwirtschaft ging ein nahezu vollständiger Rückgang der Tiere einher. In den 1970er Jahren wurden etwa 290 Trappen aufgezogen, 1997 gab es in Brandenburg nur noch einen Minimalbestand von 75 Trappen. Durch Flächenankauf und bevorzugte Verpachtung an Landwirte, die ökologische Vorgaben einhalten, stieg der Bestand auf 250 Trappen. Für 2018 werden 300 Trappen erwartet. Ein Zufallsergebnis ergab sich aus der Anlage von umzäunten Flächen, in denen Trappen geschützt vor Füchsen, Marderhunden und Waschbären aufgezogen wurden. Es wurde beobachtet, daß auch weitere Trappen diese Schutzgebiete anflogen und dort brüteten.

Massive Problem gab es in Folge der Ukraine-Krise, weil diese auch Zuggebiete der Trappen betraf und dort Naturschutzvorgaben nicht mehr durchgesetzt werden können und sogar von den Kampfeinheiten auch auf Trappen geschossen wurde.

Im Einstandsgebiet der Trappen in Deutschland werden Beutegreifer intensiver als anderswo bejagt. "Wir haben eine ethische Verantwortung, Arten zu erhalten", sagte Fischer, "und die Trappe ist dafür eine Flaggschiff-Art: von Schutzmaßnahmen für die Trappen profitieren auch andere Arten.Die Zahl der Insekten steigt und auch Vögel wie Grauammer oder Feldlerche werden wieder zahlreicher."

Bezüglich des Naturschutzes blickt Fischer auch ein wenig neidisch auf andere Länder. "In den USA wird zum Beispiel beim Schutz des Condors gar nicht viel diskutiert, sondern gehandelt". Und er zog aus einer anderen Perspektive einen Vergleich zu Afrika: "Von den Ländern dort verlangen wir den Schutz der Elefanten – die viele Schäden anrichten – und schaffen es hier selbst nicht, unsere Arten zu erhalten".

Eine andere stark bedrohte Art, mit der sich die Vogelschutzwarte beschäftigt, ist der Rotmilan. Die Vogelschützer sehen die Energieziele Sachsen-Anhalts (Windkraftanlagen) im Gegensatz zum Schutz des Rotmilans: "das ist dann kein grüner Strom mehr".

Eine neue Tierart in Sachsen-Anhalt sind die Kraniche, von denen inzwischen 600 Paar nicht mehr nur durchziehen, sondern hier überwintern. Gründe sind dafür, dass sie in Spanien nicht mehr abgeschossen werden und ein verstärkter Maisanbau. Beim diesem Punkt wurde angesichts der Dürre auch nach den Störchen gefagt. Geht es ihnen dadurch schlecht? Nach Ansicht der Vogelschützer können die Störche das fehlende Angebot von Amphibien kompensieren, sie brauchen nicht unbedingt Frösche, sondern fressen dann Kleinsäuger und Insekten. Im Zerbster Raum konnte ähnlich viel Nachwuchs wie in den Vorjahren festgestellt werden.

In der Vogelschutzwarte befindet sich auch ein CITES-Büro, welches Kontrollaufgaben des Artenschutzes übernimmt. CITES steht für ein internationales Artenschutzabkommen, das für den Im- und Export geschützter Tiere und Erzeugnisse aus den Tieren und Pflanzen zuständig ist. In einer kleinen Vitrine werden Beispiel für beschlagnahmte Gegenstände gezeigt. Dazu gehören Armbänder aus Elefantenhaar ebenso wie Schildkrötenpanzer, Gitarrenhälse aus Ebenholz und Elfenbein oder Korallen. Jeder, der in Sachsen-Anhalt geschützte Tiere hält bzw. handelt, braucht eine CITES-Bescheinigung. Aber auch Musiker, deren alte Instrumente beispielsweise Elfenbein enthalten und die deswegen sonst Ärger mit dem Zoll bekommen können.

Auf dem Gelände der Vogelschutzwarte gibt es auch eine Sammlung historischer Nistkästen. Daran gab es auch Erläuterungen, wie Nistkästen heute gegen Waschbären geschützt werden müssen. "Die haben gelernt, daß man die Nistkästen einfach aufmachen und auskippen kann".

Unterwegs nach Steckby ging es am ehemaligen Schloß Friederikenberg vorbei. Das Schloß wurde durch Johann August von Zerbst von 1704 bis 1738 errichtet. Nach dem Tod des Prinzen war es ein Schankbetrieb eines Zerbster Weinhändlers. Bereits 1833 wurde es aber wegen fehlender Wirtschaftlichkeit abgebrochen. Nur das Eingangsportal blieb erhalten und steht am Rande des betonierten Waldweges.

Mittagspause war dann am Steutzer Pfaffensee, mit selbstgebackenem Weißbrot, Olivenöl und arabischen Würzkräutern und mit von Paul Dörfler gekochter Kürbissuppe. Die Exkursionsteilnehmer saßen im Schatten großer Pappeln am Steckbyer Wasserfall. Über drei Betonstufen fließt dort Wasser, das in Meliorationsrohren gesammelt wird, Richtung Elbe. Auf einen äußerlich nicht sichtbaren Umstand machte Paul Dörfler aufmerksam: "das stammt von den Feldern ringsum – und ist voller Nitrat". Im Anschluß an die Mittagspause ging es weiter an die Elbe, wo im warmen flachen Wasser des Flusses ausgiebig und lange gebadet wurde. 

Blick über die Elbe mit ihren weit freiliegenden Ufern
Baumkronenpfad
Burg Walternienburg
Eingangsportal des Schlosses Friederikenberg
Vor dem Schloßportal.
Stefan Fischer (rechts) gibt
Erklärungen zur Vogelschutzwarte
Vitrine mit vom Zoll
beschlagnahmten Produkten aus
geschützten Tieren und Pflanzen
Historische Nistkästen
Selbstgebackener Kuchen
aus Steckby
Steckbyer Wasserfall
Brot, Olivenöl und arabische Würzkräuter
Kürbissuppe am Pfaffensee
Baden in der Elbe bei Steckby
Kirche Steckby

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