Mittwoch, 27. Juli 2016

Vor 2000 Jahren: Römer an Elbe und Saale

Die großen Ströme Europas waren schon in frühen Zeiten Transportweg und Grenze zugleich. Ein Mittel des wirtschaftlichen – und sprachlichen – Austauschs. Das bestätigte auch Prof. Dr. Klaus Bochmann in seinem Vortrag »Die Römer vor 2000 Jahren an der Elbe«. Der Romanist und Sprachhistoriker beschäftigt sich schon lange mit den Spuren, die die Bewegungen der Völker in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden hinterlassen hatten. Spuren auch sprachlicher Art, die sich bis in unseren heutigen Sprachgebrauch auswirken und die er in einem interessanten Vortrag in ihrem geschichtlichen Zusammenhang darstellte.

Prof. Klaus Bochmann (stehend)

Gleich zu Beginn des Vortrages setzte wolkenbruchartiger Regen ein. Das laute Prasseln der Regentropfen auf dem  Dach des Veranstaltungszeltes machte eine Verständigung unmöglich, so daß der Vortrag für einige Zeit unterbrochen werden mußte. Die Mitfahrer der Kanutour vom Nachmittag waren froh, diesen Regen nicht auf der Elbe erlebt zu haben. Nachdem der Regen vorbei war, gab es aber sehr interessante Aspekte der Siedlungs- und Sprachgeschichte an Elbe und Saale zu hören.

Die Römer die zunächst den Rhein entlang nach Norden vorgestoßen sind und dort wichtige Siedlungen hatten, maßen den östlich davon gelegenen Gebieten zunächst eine große Bedeutung zu und machten einige Vorstöße, auch die Gebiete bis zur Elbe zu erobern. Dabei erwieß sich die Elbe aber als Schicksalsfluß, der nicht dauerhaft erreicht werden konnte. "Hätten die Römer geschafft, die Elbe als Ostgrenze zu halten", so Bochmann, "dann wären einige Dinge nicht oder anders passiert". Über solche Überlegungen ließe sich trefflich spekulieren. So hätten dann die Germanen nicht das Reich unterwandert und auch unsere Sprache wäre heute nicht deutsch, sondern vielleicht irgendetwas dem französischen ähnliches, sagte er.

Bei allen sprachlichen Themen spielten im Vortrag immer wieder auch geschichtliche Fakten eine Rolle. So etwa, daß die Römer bei ihren Vorstößen in neue Gebiete ursprünglich nur auf äußere Bedrohungen reagiert und die Gebiete nur besetzt hatten, um Bedrohungen abzuwenden. Erst etwa ab Cäsar spielte stärker der persönliche Ergeiz eine Rolle, das Reich zu erweitern. Nachgewiesen ist, dass etwa 9 bis 12 v. Chr. Drusus von der Nordsee aus auf der Elbe in unser Gebiet kam und um 5 n. Chr. Tiberius über die Weser bis zur Elbe vorstieß. Jedoch gelangte Roms Expansion Richtung Osten spätestens an ihre Grenzen, als Arminius die Schlacht im Teutoburger Wald gewann. Das kann als letzter Versuch gesehen werden, ab da gab es Vorstöße nach Osten allenfalls zur Verteidigung.

Prof. Bochmann berichtete, dass die Germanen kein ethnisch "reines" Volk waren, sondern eine Mischung vieler Stämme, ein "Mischvolk". Allenfalls die Isländer haben wegen ihrer Abgelegenheit ihre ethnische Herkunft und ihre Sprache lange Zeit behalten. In Mitteleuropa wurden etwa 16 Stämme unterschieden. Im Gebiet zwischen Rhein und Elbe gab es ansässige germanische Stämme, mit Namen, von denen den Zuhörern sicher nur einige bekannt vorkamen. Für das Gebiet um Elbe und Saale herum waren vor allem die sogenannten Elbgermanen wichtig, die Langobarden, Hermunduren und Semonen.

Prof. Bochmann machte auf die vielen Wörter aufmerksam, die germanischen Ursprung oder germanische Einflüsse haben – sogar bis weit in romanisch basierte Gebiete. So haben die Wörter für viele Farben außer schwarz und Grün germanische Herkunft. Auch das Wort für Krieg (guerra) läßt sich auf das germaniesch huerra zurückverfolgen. Das Wort Andalusien geht auf die Vandalen (Vandalusien) zurück, dagegen stammt das Wort für Bier (cervezza) aus dem keltischen, obwohl auch die Germanen bereits Bier kannten.

"Man kann auch eine Archäologie der Sprache betreiben", sagte Prof. Bochmann zu den interessanten Zusammenhängen und Hintergründen von Begriffen der heutigen Sprache, "da findet man so viele interessante Dinge". Zuletzt kam er nochmal auf die Elbe zu sprechen. Deren Name wird oft auf das lateinische Albis (weiß) wegen der weißen Sandstrände zurückgeführt. Er kennt noch eine weitere Erklärung: ebenso könnte auch elfr, das germanische Wort für "Fluß" Ursprung des Namens der Elbe sein. Überhaupt haben, so Bochmann, die großen Flüsse (wie Rhein und Donau) oft Namen, die sehr viel älter als die Zeit der germanischen oder römischen Besiedlung sind. So lassen sich Weser und Werra auf wisera (fließen) zurückführen, Mulde und Milde auf das germanische Wort für "wasserreich" oder Moldau (Vltava) auf die Bezeichnung "Wildes Wasser". Dagegen ist die sprachliche Herkunft der Oder bisher unklar. Namen von Flüssen, die auf -itz enden, haben ihren Ursprung dagegen oft im slawischen. 



Im Regen dampft die Suppe auf dem Holzfeuer.

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