Dienstag, 26. Juli 2022

Herbert Beesten: Der Elbe-Ebbe-Algorithmus

Herbert Beesten – Autor, Schauspieler und Kulturorganisator aus Magdeburg – kam zur Aufführung seines Hörspiels der "Elbe-Ebbe-Algorithmus" ins Elbe-Saale-Camp. Diese gab es in einer wunderbaren Atmosphäre, mit Blick auf die flache, nur noch träge dahinfließende Elbe.

Vor der Aufführung seines Hörspiels las Herbert Beesten einen Text, der wie für das Elbe-Saale-Camp geschrieben war: "Ich, der Fluss". Der Monolog eines Flusses, der schon längst nicht mehr fröhlich und klar sprudelnd fließt, der von den Menschen gequält und mit Abfällen und Abwässern beladen wird, zu wütender Flut anschwillt. Herbert Beesten liest den Text nicht nur, er performt ihn mit vollem Körpereinsatz, gibt dem gequälten Fluss Ausdruck und Gestalt. Der noch immer aktuelle Text stammt bereits aus dem Jahr 2013, entstanden unter dem Eindruck der großen Elbeflut. Hier kann man ihn noch einmal hören, diesmal mit Gitarrenbegleitung.

Nach der Lesung setzte sich Beesten selbst ins Publikum, denn aus dem Lautsprecher kam sein Kurz-Hörspiel "Der Elbe-Ebbe-Algorithmus".

Aus der Ankündigung:
Eine fiktive Radioreportage: Die Elbe in Höhe Magdeburg droht auszutrocknen. Nach einer Nachrichtensendung, berichtet eine Reporterin in einer „Live-Reportage“ am Rand der Elbe von diesem „Event“. Im Mittelpunkt stehen aber nicht die Gründe für das Trockenfallen/Versiegen, sondern die richtige Prognose, wann es denn genau passiert. So entsteht ein Wettbewerb, der von der Reporterin verfolgt wird. Erleben Sie das furiose Finale, trocknet die Elbe wirklich aus und wer hat recht? Wir hören eine bekannte Stimme – und die eine oder andere Beobachtung und Kommentierung der Reporterin.

Die Blicke der Zuhörer waren auf die Elbe und ihre Auenlandschaft gerichtet, manche hatten auch die Augen geschlossen und ließen ihr eigenes Bild entstehen. Vielleicht hatten einige auch dieses Bild des trockenen Domfelsens vor Augen, das beim Elbe-Saale-Camp 2015 entstand:

Es war schon eine skurrile Vorstellung, die Elbe versiegen zu sehen. Denn auch mit den aktuell sehr niedrigen Pegelständen ist ja immer noch Wasser im Fluss. Herbert Beesten ging in seiner Vorstellung ein ganzes Stück weiter: wegen der anhaltenden Trockenheit kommt der Dom in Schieflage und die Elbe versiegt bist auf den letzten Tropfen, der die natürliche Schwelle des Domfelsen gerade noch passierte. Eine Gruppe von Elbe-Experten von der "Initiative Natürlicher Verstand der Schöpfung" NVS und ein Computer, programmiert mit dem Elbe-Ebbe-Algorithmus vom "Institut für künstliche Intelligenz Magdeburg" IKIM, wetten auf den genauen Zeitpunkt dieses Ereignisses. 

Beesten erzählte den Zuhörern hinterher, dass er Paul Dörfler, mit dem er befreundet ist, um eine Teilnahme am Hörspiel bat. Dörfler wollte das dann aber doch lieber professionellen Sprechern überlassen, kommt aber dennoch im Hörspiel vor: als Dr. Städtler. 

Eingebettet wird das Ereignis in eine Live-Reportage, bei der die Reporterin – übrigens tatsächlich eine Sprecherin eines sachsen-anhaltischen Privatsenders – das Geschehen moderiert und kommentiert. Diese Reportage entwickelt nach und nach eine Spannung, als tatsächlich nur noch wenige Millimeter Wasser über den Domfelsen fließen und die Elbe dann tatsächlich versiegt. In die plötzlichen Stille hinein, um die das Domfelsen-Publikum gebeten wird, erzeugen die plötzlich laut eingeblendeten Geräusche der letzte Wassertropfen eine ungeahnte, auch für die Zuhörer spürbare Dramatik. Auf Herbert Beestens Webseite (dort unter "Audio" bzw. direkt unter diesem Link als mp3) können Sie das Hörspiel noch einmal anhören.

Im Anschluss gab es eine weitere Lesung: Oma Meumels Geburtstag – eine dystopische Klimawandel-Geschichte, aus einer unerträglich heiß gewordenen Welt ds Jahres 2087, in der Gewächshäuser gekühlt werden müssen und die Oma zum 90. Geburtstag von den Enkeln einen gekühlten Hitzeschutzanzug bekommt, mit dem sie endlich mal wieder ins Freie gehen kann. "Die Idee dazu kam mir, weil wir in Magdeburg die Gruson-Gewächshäuser haben, und ich mir vorstellte, wie das nach einer weiteren Erwärmung aussähe", erklärt Herbert Beesten den Zuhörern.


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